Chronik

Im nordölichsten Stadtteil von Neuss besteht seit 1932 die St.-Sebastianus Schützenbruderschaft Neuss-Furth. Sie feiert alljährlich zu Pfingsten ihr Volks- und Heimatfest. Die politischen und kirchlichen Verhältnisse bestimmten hier von altersher die Feier der Kirchweih, der Kirmes und später das mit ihr verbundene Schützenbrauchtum.

Im Jahre 1910 trat die Gemeinde Büderich Weißenberg – Büderich reichte bis unmittelbar an die Kirche St. Josef – an Neuss ab. Drei Jahre später, im Jahre 1913 wurde die Neusserfurth mit Buschhausen und Vogelsang von Kaarst nach Neuss umgemeindet. Erst hiernach entstand die eigentliche Neusserfurth, wie man sie heute kennt. Die Further waren also früher „gezwungen“ dreimal im Jahr Kirmes zu feiern, nämlich zu Pfingsten mit Büderich, zwei bis drei Wochen später mit Kaarst und Ende August mit Neuss. Nachweislich regten sich bereits im Jahre 1865 die ersten eigenständigen Bestrebungen um das Schützenwesen mit Königsschuss und Vereinsgründungen auf der Furth.

Im Jahre 1866 tritt erstmals ein Neusserfurther Schützenverein in Erscheinung, die Gesellschaft Schützenlust. Ihre Statuten wurden 1869 zur Genehmigung an den Königlichen Bürgermeister zu Kaarst eingesandt und tragen den Genehmigungsvermerk „1. Februar 1869“.

Nach dem Kriege 1870/71 erhielten zwei Vorhaben auf der Furth neuen Auftrieb: Der Bau einer eigenen Pfarrkirche und die Veranstaltung eines eigenen Schützenfestes innerhalb des Schulbezirks Weißenberg. Zwei Jahre später hatten die Kreise Erfolg, die der Auffassung waren, dass nach Väterbrauch zu einer Pfarre auch eine eigene Kirmes und ein Schützenfest gehörten.

1874 war ein Comitee in der Lage ein erstes vereinigtes Schützenfest zu Neusserfurth anzukündigen und zwar auf Sonntag vor Johannes, dem alten Kaarster Kirmestermin.

Nach 1884 folgte nach der Überlieferung eine längere Unterbrechung. Das Bestreben, einen einheitlichen Kirmestermin zu finden ging jedoch weiter. Eine konkrete Anregung ging von Pfarrer Klinker aus, der 1892 an den Neusser Landrat Klemens Freiherr von Schorlemer mit der Bitte herantrat, einen einheitlichen Kirmestermin für die ganze Pfarre Weißenberg festzusetzen. Es folgten langwierige Verhandlungen. Erst sein Nachfolger – Landrat von der Leyen – entschied am 21. April 1900 eine gemeinsame Hauptkirmes für das Kirchspiel Weißenberg auf Pfingsten festzusetzen.

1902 fand dann wieder ein Schützenfest statt. Begeisterung, schrieb die Neusser Zeitung, erfüllte jung und alt, als es hieß: „Wir wollen jetzt, da wir eine einheitliche Kirmes haben, einen Schützenzug bilden“. In vollem Maße ist es gelungen. Und damals hieß es schon: „Der Schützenzug ist ein Bindungsmittel für die einzelnen Ortschaften unserer Pfarre, deren Bewohner ja drei Gemeinden angehören“. Großartig und glänzend soll das Fest des nächsten Jahres verlaufen sein. Die Neuss- Grevenbroicher-Zeitung schätzte die Teilnehmer am Schützenzug auf wenigstens 250 Mann. „Wohl selten,“ schrieb die Zeitung in ihrer Ausgabe vom 06. Juni 1903, „hat eine Landgemeinde eine so glänzende, Parade gesehen. Die sauberen und adretten Uniformen boten ein schmuckes Bild, die Strammheit des Parademarsches bewies, dass die Teilnehmer nicht umsonst zum größten Teil Soldaten gewesen waren“.

In den Jahren 1908-1910 musste die Kirmes aus finanziellen Gründen ausfallen.

Im Jahre 1910 erfolgte dann die Eingemeindung von Weißenberg nach Neuss. Die Stadt Neuss gewährte in diesem Jahr einen großzügigen Zuschuss von 200 Mark. Mit dieser finanziellen Unterstützung konnte dann 1911 wieder Kirmes gefeiert werden. Im Antragsschreiben für die Bezuschussung blieb nicht unerwähnt, dass die Straßenbahn am Heiligen Abend 1910 ihren Betrieb aufnahm.

1911 erlebte die Furth einen Schützenfestbetrieb wie noch nie. Allein die Straßenbahn beförderte 17.000 Festbesucher und somit konnte der Zuschuss der Stadt Neuss kompensiert werden.

In den Folgejahren bis 1914 konnten dann weitere Schützenfeste gefeiert werden. In den Kriegsjahren hatte man andere Sorgen. Nach den 1. Weltkrieg lehnte die Stadt Neuss und der Regierungspräsident in Koblenz eine eigenständige Neusser – Further Kirmes ab.

Erst 1932, wenige Tage vor Pfingsten, rief der Regierungspräsident aus Koblenz beim Neusser Oberbürgermeister an und teilte mit, dass die Further wieder ihre Kirmes feiern dürften. Am 07. Oktober 1932 gründeten dann 38 Männer im Lokale Brand die St.-Sebastianus Schützenbruderschaft Neuss-Weißenberg. 1932 zog wieder zu Pfingsten ein strammes Schützenregiment von 335 Schützen durch die Straßen der Neusserfurth. Die Zahl der aktiven Schützen stieg bis zur Abrechnungsversammlung auf 450 an, ein Beweis, dass die St. Sebastianus Schützenbruderschaft auf dem besten Wege war, für die Furth eine wirkliche Gemeinschaft von Bedeutung zu werden. Doch es sollte anders kommen. Den damaligen Parteigewaltigen passte es nicht, dass das Schützenfest auf der Furth als einziges in ganz Neuss von einer Bruderschaft getragen wurde und deshalb forderten sie aus Gründen der sogenannten „Volksgemeinschaft“ die Bildung eines von Kirche und Pfarre unabhängigen, nicht konfessionellen Schützenvereins. Daraufhin wurde kurzerhand von der Gegenseite ein Bürgerschützenverein Neuss – Furth 1934 ins Leben gerufen und mit der Organisation und Durchführung des Schützenfestes beauftragt. Unter dem neuen Namen, wurde dann bis 1939 Kirmes gefeiert. Nach dem 2. Weltkrieg standen die Further Schützen vor dem Nichts. Kein Verein, kein Königssilber, keine Uniform, kein Degen, kein Geld, nur die Bruderschaftsfahne war gerettet, weil diese in der Kirche aufbewahrt worden war.

Am 10. August 1947 saßen die ersten Schützen in der Gaststätte Konnertz zusammen, um über ein Wiederaufleben des Weißenberg-Further Schützenwesens und die Neugründung einer Sebastianus Schützenbruderschaft im Bereich der Josefspfarre zu beraten und optimistisch auch sofort zu beschliessen. Der Kreis der alten Getreuen wählte Leo Wenke zum Vorsitzenden (Präsident).

1948 wurde dann wieder das 1. Schützenfest in bescheidenem Rahmen auf der Furth gefeiert. Dann folgten die eigentlichen Aufbaujahre. Die Anstrengungen hatten Erfolg. Im Jubiläumsjahr des Bezirksverbandes, nach 50 Jahren in ununterbrochener Folge nach dem 2. Weltkrieg, präsentierte die Bruderschaft ein Schützenregiment von 1297 aktiven Schützen.

Als besondere Glanzpunkte im Schützenregiment gelten die beiden, weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannten Fanfarenkorps, nämlich das Bundesfanfarenkorps Neuss – Furth und das Further Fanfarenkorps. Das besondere soziale Engagement hat in der Bruderschaft einen hohen Stellenwert. So richtet die Bruderschaft alljährlich das Martinsfest für die Further Schulkinder aus. Sie besucht kranke und alte Schützenbrüder und sehr oft werden besondere Veranstaltungen der einzelnen Formationen im Schützenregiment als Wohltätigkeitsveranstaltungen begangen und der Erlös hieraus als Spende einer gemeinnützigen Einrichtung übergeben. Mit großem Engagement unterstützt die Bruderschaft ein Projekt in Brasilien, in Bispado des Santa Cruz do Sol. Hierbei handelt es sich um Wohnungen für die arme Landbevölkerung. So finanzierte die Bruderschaft die Kosten für die Erschließung eines ganzen Baubereiches mit etwa 150 Häusern. Inzwischen ist dort eine ganze Siedlung entstanden und eine Vielzahl der recht einfachen Bedarfsheime wurden durch die Bruderschaft und einzelner Schützen finanziert. Diese Siedlung trägt heute den Namen „St. Sebastianos“. Der dortige Bischof Dom Sinesio Bohm war wiederholt zu Gast bei den Schützen und hofft auf weitere Unterstützung durch die Bruderschaft. Als herausragendes Ereignis des Jahres 1998 war der Bau des Schützenbrunnens auf dem St.-Sebastianus-Platz am Kreuzungsbereich Kaarster-/ Viersener Straße. Platz und Brunnen wurden am 25.05.1998 eingeweiht und der Öffentlichkeit übergeben.

Eine tolle Leistung war auch der Bau der Further Fackelbauhalle an der Neusser Weyhe durch die Schützen im Jahr 2003. Die Further Bruderschaft war der erste Schützenverein im Stadtgebiet, der eine solche Halle im Wesentlichen durch angesparte Eigenmittel und Zahlung einer entsprechenden Umlage selbst finanziert hat. Unterstützung gab es dabei durch Fördermittel der Sparkasse Neuss. Die Halle bietet Platz für 25 Großfackeln. Dank der Halle konnte der Fackelbau besonders gefördert werden, die Qualität der Fackeln ist wesentlich verbessert worden. Auch hier macht sich der Gemeinsinn der Schützen für ein positives Miteinander bemerkbar und trägt auch hier besondere Früchte.

Bis zum heutigen Tag zeigen die Schützenbrüder großes soziales Arrangement um Menschen vor Ort, aber auch in armen Regionen zu unterstützen. Dabei werden auch die eigenen Interessen nicht vernachlässigt. So hat man sich um die Errichtung eines neuen Schießstandes bemüht, der zum Vogelschuss im Jahre 2007 eingeweiht werden konnte. Um die Verdienste von Hermann Josef Dusend als Bürger der Stadt Neuss und Ehrenpräsidenten der Bruderschaft zu würdigen erfolgten die Planungen in einem Projekt zur Gestaltung eines Platzes, Ecke Venloer Str. / Neusser Weyhe, mit einer Gedenk-Stele. Planungen, Koordination, Finanzierung und Umsetzung erfolgten federführend durch die Bruderschaft. Am 14. Mai 2011 konnte dieser Platz offiziell der Stadt Neuss als Schenkung übergeben werden. Zu diesem Anlas wurde der große Zapfenstreich intonisiert.

Im Jahre 2012 wurde erstmalig eine Further Persönlichkeit, Heinz Dieter Nehr, mit einer Ehrengabe der Bruderschaft ausgezeichnet. Der 80igste Geburtstag einiger Korps und der Bruderschaft wurde im Festzelt gefeiert. Ebenso konnten die Jüngsten auf ihre 100jährige Geschichte zurückblicken. Die Edelknaben bewiesen, dass auch sie ein wesentlicher Bestandteil der Schützenfamilie sind. Die Bruderschaft hat die Feierlichkeit zum 125jährigen Jubiläum von St. Josef mit einem eigenen Beitrag bereichert. Die Fahnenabordnungen nahmen an der Ehrung der verstorbenen Geistlichen der Pfarre St. Josef auf dem Weißenberger Friedhof teil. Im Jahr 2014 musste das Fest, bedingt durch den Wirbelsturm “Ela“, bereits am Montagabend abgebrochen werden. Die Krönungsfeierlichkeiten wurden im Rahmen des Bezirkskönigsschiessens auf der Furth am Abend vor dem Schießen nachgeholt. Sehr viele Schützen nahmen auch hier in Uniform teil.

Anlässlich des Fackelrichtfestes im Jahre 2019 wurde die Fackelbauhalle in Harald Denner Fackelbauhalle umbenannt. Die Folgejahre waren dann bis zum Jahr 2022 von einer großen Pandemie bestimmt. Im Jahr des Neustarts konnte die Bruderschaft erstmals nicht mit einer neuen Majestät aufwarten. Der „Johann Ringl Schießstand“ wurde abgerissen. Zur Erinnerung wurde am gleichen Ort am Tag des Further Bruderschaftstages eine Gedächtnis-Stele aufgestellt.

Die Bruderschaft dankt Franz-Josef Wenke, der die Chronik in der Kurzform bis zum Jahr 1998 verfasst hat. Ab da wurden die wesentlichen Daten durch Rolf Stein und Hans-Werner Prinz bereitgestellt. Ab 2012 erfolgte die Erweiterung bis zum Jahr 2022 durch Hans-Werner Prinz.